Pobeña → Hazas
→ 34,1 Kilometer
↑ 127 Meter
Montag, der 29.06.2009
Es ist so ca. 6:30 Uhr, als ich aus meinen verschlafenen Augenwinkeln sehe, wie Olli aufsteht und sich fertig macht. Ich bleibe noch eine Zeit lang liegen und beschließe dann, auch aufzustehen. Ich gehe davon aus, dass Olli inzwischen unterwegs sein dürfte. Aber bei der geringen Herbergsdichte hier, dürften wir uns spätestens heute Nachmittag in der entsprechend nächsten Station wieder sehen.
Als ich aber gerade im „Bad“ dabei bin mir die Zähne zu putzen, tippt mir jemand von hinten auf die Schultern und fragt mich mit leicht schwäbischen Dialekt: „Na, wie sieht‘s aus? Gehen wir zusammen?“
„Klar!“
Wir haben den Ort noch gar nicht verlassen, da schließt sich uns auch Laura an. Und so laufen wir zu dritt den schmalen Pfad oberhalb der Steilküste entlang, während sich hinter uns langsam die Sonne über einen Bergkamm schiebt.
Heute stehen schätzungsweise 25 km an. Die Alternativen wären 16 oder 40 km.
Wir sind fast ohne Unterbrechungen ins Gespräch vertieft und genießen den großartigen Ausblick aufs Meer. Als der Weg dann aber plötzlich von jetzt auf gleich wieder auf Meeresspiegelhöhe wechselt, zieht es unser Trio ziemlich auseinander – mit mir als humpelndes Schlusslicht… Starke Gefälle und defekte Knie sollte man nie im Paket nehmen!
Nachdem es eine fast senkrechte Böschung durch teilweise mannshohe Hecken abwärts ging, sind wir dann unten am menschenleeren Strand alle wieder vereint. Zum Glück sind nur ein paar kleine Schürfwunden zu beklagen.
Wir haben noch diese schmale Bucht und einen kleinen Berg hinter uns zu bringen und treffen dann in Castro-Urdiales über eine lang gezogene Promenade ein.
In dieser netten, kleinen Hafenstadt steuern wir zunächst die Kathedrale an und lassen uns dann direkt am Hafen in einer Tapas-Bar nieder. Dort stelle ich mir drei verschiedene, sehr leckere Teller zusammen, die mich nebst Café con leche gerade mal Fünf-Euro-irgendwas kosten. Ein großartiges Frühstück vor schöner Kulisse.
Danach gehen wir dann noch zu dritt bis zur Herberge am Ortsausgang, wo Laura sich für heute niederlässt. Olli und ich ziehen direkt weiter.
Das Wetter ist inzwischen so, wie man es von Spanien im Sommer erwartet. Von daher genießen wir nicht nur diese wunderbare Küstenlandschaft, sondern auch noch einige Getränke an der nächsten Bar. Eine sehr kluge Entscheidung, da sich der Weg von nun an noch erstaunlich hinzieht und keine weiteren Möglichkeiten zur Einkehr mehr folgen. Wir laufen von nun an nur noch an der Straße lang. Diese führt an einem weiteren, menschenleeren Strand vorbei und schlängelt sich dann auf einen stattlichen Berg. So langsam ist die Luft für heute raus! Das interessiert den Camino allerdings mal so gar nicht. Unser Zielort will einfach nicht auftauchen. Erst, als wir endlosen Serpentinen abwärts folgen, lässt er sich in der Ferne erahnen. Schade nur, dass wir selbst in diesem Kaff, dass im Wanderführer zu Recht als „Streusiedlung“ beschrieben wird, auch noch mal gut eine Stunde unterwegs sind, eh wir endlich die Bar finden, die uns den Schlüssel zur Sporthalle aushändigt. Eine Herberge gibt es hier nämlich nicht.
Bevor wir diese aufsuchen, genehmigen wir uns erst mal ein wohl verdientes Bier – eine Pilgerbrause, wie Olli es nennt. Während wir so dasitzen und uns entspannen, taucht plötzlich noch ein Pilger etwa Mitte 50 auf, der uns nach der Örtlichen Unterkunft fragt. Er ist Holländer und heißt Fred. Wir erklären ihm den Weg und geben ihm schon mal den Schlüssel. Kurze Zeit später gehen auch wir zur Sporthalle (→ SV). Dort greifen wir uns ein paar von den Sportmatten, die wir uns als Betten in die Halle legen. Danach duschen wir – genügend Gelegenheiten dafür gibt es in so einer Einrichtung ja. Fred und ich beschließen, etwas essen zu gehen. Olli bleibt in der Halle.
Zunächst landen wir in einer Bar, die uns aber nur etwas zu trinken geben kann. Also ziehen wir bald weiter zu einem Restaurant, das es in der Nähe noch geben soll. Auf dem Weg dahin fängt es langsam an zu regnen.
Als wir im Restaurant eintreffen, hat die Wirtin ebenfalls nichts Festes mehr im Angebot. Damit gibt Fred sich aber nicht zufrieden, und da er fließend spanisch kann, bekniet er die Dame so effektiv, dass sie uns plötzlich gleich diverse Sachen zur Auswahl anbietet. Kurz darauf gibt es als Vorspeise Spaghetti und Salat, eine Fleischhauptspeise und mehrere Kuchen oder Pudding als Nachtischauswahl. Spanisch beherrschen und charmant sein können hat Vorteile.
Draußen entlädt sich inzwischen der dritte Wolkenbruch.
Während des Essens erzählt Fred mir so einiges über die spanische Kultur und ihre Eigenarten. Sehr interessant, so etwas mal von jemanden zu hören, der hier lebt, aber kein Spanier ist. Er hatte einst auf dem Camino Francés seine heutige Frau, eine Spanierin, kennen gelernt. Mit dieser lebt er heute in Santander und plant, dort in der Nähe demnächst eine Pilgerherberge zu eröffnen.
Gut gesättigt holen wir auf dem Rückweg Olli ab und verbringen noch einen netten Abend in der Bar, die uns den Schlüssel gab.
(über die Sitemap lassen sich die Tage gezielt aufrufen)