Camino del Norte (Tag 28)

 

Mondoñedo → Abadín o Provecende


 → 16,3 Kilometer
↑ 450 Meter

Sonntag, der 19.07.2009

 

Mondoñedo
Mondoñedo

Außer mir befindet sich nur noch eine mir unbekannte Pilgerin in der Herberge. In den Tag starte ich allerdings mit einer anderen neuen Begleiterin: Einer weiteren Blase an der rechten Ferse. Im Gegensatz zu den übrigen alteingelaufenen hat diese doch aufgrund von Größe und Position etwas mehr Potenzial, einem den Tag zur Hölle zu machen. Zum Glück sind heute nur 16 km angesagt, die allerdings auch völlig frei von Infrastruktur sind. Ein Problem, dass uhrzeitbedingt bereits noch in Mondoñedo beginnt. Es ist einfach noch alles zu. Die Stadt ist wie ausgestorben. Nur eine ältere Frau steht da bereits in einer etwas surrealen Szene mit ihrem kleinen Obststand mitten auf dem Platz vor der Kathedrale. Aber ich muss hier etwas frühstücken. Nach dem Verlassen der Stadt gibt es definitiv nichts mehr. Das denkt sich offenbar auch noch ein weiterer Pilger, der mit mir gemeinsam diese Mini-Marktsituation beobachtet. Dann beschließt er, die Frau mal nach einer Einkehrmöglichkeit zu befragen. Er erfährt von ihr, dass „El Peregrino“ in den nächsten Minuten öffnen müsste. Sie behält Recht.
In der mir ja bereits bekannten Bar gibt es zwei Sandwiches; einen Kaffee sowie einen deutschen Radpilger, mit dem ich ins Gespräch komme. Er ist von Deutschland gestartet und auf den Weg nach Santiago.
Ich habe die Stadt schnell verlassen und muss meinem Wanderführer Recht geben: Die Landschaft hier ist, trotz des ziemlich trüben Wetters, wirklich sehr reizvoll. Der Weg folgt einer schmalen Asphaltstraße, die sich rechts an einem lang gezogenen Tal entlang schlängelt. Ich begegne nichts und niemandem. Leider auch keinem Brunnen.
Da die Läden immer noch alle zu waren, hatte ich mich darauf verlassen, dass der Camino es schon – wie bislang immer – richten wird. Aber ich komme nur an kleinen einsamen Höfen vorbei, die offenbar keine Wasserhähne bieten. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob das leichte Flimmern vor meinen Augen und die ganz subtilen, abstrakten Halluzinationen schon von einer Dehydrierung kommen, aber in jedem Fall wird es Zeit! Wirklich nervös werde ich allerdings nicht, denn immerhin befinde ich mich auf dem Camino! Und diese Einstellung bleibt berechtigt: Es dauert zwar noch eine Weile, aber dann komme ich an einem in den Hang gemauerten Brunnen vorbei. Ein an einer Kette hängender, völlig verrosteter Becher lässt vermuten, dass es sich um Trinkwasser handelt. Ich fülle begeistert meine Flasche und ziehe weiter.
Immer wieder bleibe ich an pittoresken Motiven hängen, um ein Foto zu machen. Ich passiere einige halb verlassene Dörfer sowie einen Monolithen mit der Info über 149,418 verbleibende Kilometer. Dann wechselt der Camino plötzlich auf einen Waldweg, der sich von nun an steil an einem Berg hinauf schlängelt. Zwischendurch werde ich von einem großartigen Blick zurück in das Tal belohnt, an dessen Rand ich bis eben noch entlang lief.

Blick zurück
Blick zurück

Als ich endlich oben ankomme und damit rechne, irgendwo im Nirgendwo zu landen, sehe ich am Ende des Pfades ein Bauarbeiten-Schild, und kurz darauf befinde ich mich nicht, wie erwartet, auf einem Bergkamm, sondern in der Zivilisation. Es folgen noch ein paar Fernstraßen- und Feldwegabschnitte, und dann treffe ich schon in meinem heutigen Zielort Abadín o Provecende ein.
In der sehr modernen Herberge treffe ich als erstes wieder auf die beiden Spanier der letzten Tage (→ SV). Die Hostalieri lässt noch eine Weile auf sich warten. Als sie eintrifft, weist sie mich als erstes darauf hin, dass ich meine Schuhe zu wechseln habe. Dummer Weise, hatte ich das bereits und versuche ihr das nun klar zu machen. Nur leider reicht ihr Englisch dafür schon nicht mehr aus. Und so verleiht sie ihrer Bitte immer wieder Nachdruck. Ich habe keine andere Wahl, als es ihr anhand meiner bereits oben stehenden Wanderstiefel zu zeigen. Als sie diese sieht, versteht sie und ist zufrieden. Sie gibt mir meinen Stempel und – Einwegbettwäsche! Die gab es in der letzten Herberge zwar auch schon, wurde dort aber nicht als Einwegbettwäsche genutzt…
Als nächstes übergebe meine gesamten Klamotten einer der Waschmaschinen. Danach begebe ich mich in die Dorfbar und bestelle mir Bier, Bocadillo und Kaffee. Die weiteren Programmpunkte sind Duschen und mich für eine Weile ins Bett legen. Es ist halt ein Dorf und erst Nachmittag. Als ich schon eine ganze Zeit daliege, höre ich draußen plötzlich aufgekratzte und mir vertraute Stimmen. Und nur kurze Zeit später stehen Daniel, Simona, Mario, Marc sowie eine mir unbekannte Belgierin namens Hannah in dem Gang, in dem auch mein Etagenbett steht. Sie begrüßen mich, als sei es völlig selbstverständlich, dass wir uns hier wiedertreffen und nisten sich in den Betten meiner Umgebung ein. Simona hat die Idee von Tomasz aufgegriffen und übt sich heute im Schweigen. Da sich alle erst mal frisch machen, drehe ich noch mal eine Runde bis zum nächsten nahegelegenen Ort. Dort entdecke ich ein Restaurant, das sicher geeignet ist, uns unser Pilgermenü zu liefern.
Wieder zurück in unserem Ort sehe ich gerade noch, wie die Hannah in „meiner“ Bar vom Nachmittag verschwindet. In der Annahme, dass wohl auch der Rest der Truppe dort sein wird, folge ich ihr. Aber es ist nur sie, die da jetzt an der Bar steht und sich ein großes Bier bestellt. Ich tu es ihr gleich, und wir setzen uns nach draußen. Wir sind sofort im angeregten Gespräch und lachen viel. Kurze Zeit später stößt auch Greta dazu.
Es dauert noch ein wenig, da folgt auch der Rest unserer Gruppe.
Ich berichte allen von dem Restaurant im nächsten Ort (→ SV). Zunächst wollen nur Hanna und Simona meinem Vorschlag folgen. Daniel hingegen will seine Entscheidung auspendeln! Hat Antoine ihn nun also auch infiziert. Na denn. Sein Pendel sagt „nein“. Aber interessanterweise ist sein Wille dann doch stärker, und er kommt ebenfalls mit. Auch Mario und Marc schließen sich an.
Eine gute Entscheidung, denn wir essen hier nicht nur sehr gut und umfangreich an einem langen Tisch, sondern mit Sicherheit auch etwas günstiger, als in der anderen Bar, in der das Bier bereits 3,50 € kostete. Die Stimmung ist sehr entspannt, und wir verbringen einen netten Abend, bevor wir uns dann gemeinsam auf den Rückweg in die Herberge machen.

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(über die Sitemap lassen sich die Tage gezielt aufrufen)

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