Montcuq → Lauzerte
→ 14,5 Kilometer
↑ 50 Meter
Samstag, der 24.07.2010
Bei netten Ortschaften setze ich in der Regel die Tradition aus, erst nach einigen Kilometern zum Frühstück irgendwo einzukehren. Und dieses Städtchen ist mal wieder malerisch. Von daher steuere ich den Ortskern an, um ein nettes Café aufzusuchen. Steffie fragt mich, ob ich etwas gegen Gesellschaft hätte. „Nein, auf keinen Fall.“ Und so folgen sie und Andreas mir, und wir kehren in eine sehr nette Bar ein (→ SV). Leider gibt es hier nur Getränke aber nichts zu beißen. Allerdings kann man sich in einer nahe gelegenen Boulangerie etwas besorgen und hier verzehren. Und so organisiere ich uns ein paar Baguettes, die wir uns dann im Café selbst belegen, und wir genießen den einen oder anderen Café au lait. Steffi und Andreas tun es mir gleich und lassen sich ebenfalls Zeit. Und so brechen wir relativ spät auf. Nun habe ich – und letztendlich auch die Beiden – beschlossen, heute nur eine kurze Distanz von gut 15 km zu machen. Wie auch schon auf den anderen Caminos, bin ich, gemessen an meinem Rückreisetag, wieder mal zu gut voran gekommen. Und meine Begleiter haben ebenfalls keinen Zeitdruck.
Die Landschaft ist immer mehr geprägt von Sonnenblumenfeldern. Die Sonne selbst hält sich an diesem Vormittag allerdings noch etwas zurück.
Den größten Teil des Weges laufen wir alle mehr oder wenige getrennt voneinander. Unterwegs bereite ich mir noch ein Sandwich-Spezial (mit Banane und zerkleinertem Müsliriegel) und kurz vor unser aller Ziel sehe ich dann Steffi und Andreas rechts des Weges auf einem Wall sitzen. Sie haben hier auf mich gewartet, um dann das auf einem Hügel gelegene Coudougné gemeinsam mit mir zu entern. Noch am Fuße des besagten Hügels kehren wir in einen Intermarché ein und besorgen uns ein paar Keinigkeiten für unsere ja doch recht frühe Ankunft im Ort.
Auf dem Weg nach oben kommen wir an einer der Herbergen vorbei, die einen ziemlich neuen Eindruck macht. Davor treffen wir auf den Herbergsvater. Obwohl auch er sehr sympathisch ist, wollen wir uns noch mal die städtische Gîte angucken. Aber bevor wir diese erreichen, lassen wir uns auf einer Mauer nieder, von der aus man einen wunderbaren Ausblick in das weite Umland hat. Der perfekte Augenblick, um unsere soeben erworbenen 36-Cent-Biere zu genießen. Die haben wir uns aber auch wirklich verdient – nach diesen ach so anstrengenden 15 km! Diesen Eindruck scheinen wir auch auf eine Dame mittleren Alters zu machen. Sie spricht uns plötzlich an und fragt, ob wir Hunger hätten. Sie habe da noch etwas Suppe übrig. Wir sind etwas überrascht, aber nehmen dieses freundliche Angebot sehr gern an. Ihr Haus befindet sich nur wenige Meter von uns entfernt, und so kehrt sie nur kurze Zeit später mit einer großen Schale sowie „nur“ zwei Flaschen Bier (wofür sie sich auch noch entschuldigt!) zurück. Wir unterhalten uns kurz, und dann bietet sie uns plötzlich an, ihren den Pool nutzen zu können – so wir den möchten. Sie müsse nur vorher noch zu ihren Schafen, um diese zu füttern, und dann könnten wir so gegen 18:30 Uhr bei ihr vorbeischauen. Wir staunen und nehmen dieses Angebot begeistert an.
Bis dahin nutzen wir die Zeit, um festzustellen, dass die städtische Herberge nicht nur menschenleer, sondern auch nicht besonders attraktiv ist. Also kehren wir zur bereits halbwegs bekannten Herberge zurück und checken dort ein. Eine sehr gute Entscheidung, denn das Gebäude ist sehr geräumig und liebevoll eingerichtet. Und es verfügt sogar über einen PC mit Brenner, so dass ich endlich meine Rohlinge nutzen und eine Datensicherung machen kann.
Wir kehren noch mal in den Intermarché ein und besorgen uns alles Nötige fürs Abendessen. Darunter je eine riesige TK-Pizza für Steffi und mich. Andreas hin gegen hat alles Nötige für selbstgemachte Hamburger gesammelt.
Danach ist es an der Zeit für ein dekadentes Bad. Wir kommen uns schon etwas komisch vor, als wir an die Tür der vornehm-rustikal wirkenden Villa anklopfen. Die uns bereits bekannte Frau öffnet und geleitet uns durch einige sehr stilvolle Räumlichkeiten in den Hof des Hauses. Wobei Hof es nicht ganz trifft, denn das Gebäude umrandet das Areal nur in einem Winkel. Gegenüber befindet sich eine Mauer und an der vierten Seite hat man über einen Zaun einen freien Blick in das weite Umland. Dominiert wird das Ganze vom versprochenen Swimming- sowie einem Whirlpool. Wir schnappen fast über vor Begeisterung. Unsere Gastgeberin legt uns noch ein paar Badetücher bereit und lässt uns dann mit den Worten „Wir haben eine Stunde Zeit“ allein. Danach werden ihre Gäste wieder kommen.
Wir genießen diese wirklich surreale Situation voller Übermut.
Natürlich wollen wir diese Gastfreundschaft nicht überstrapazieren und brechen rechtzeitig wieder auf. In der gemäldetauglichen Küche bereitet die Frau gerade das Abendessen mit offenbar üppigen Zutaten zu. Wir unterhalten uns noch kurz mit ihr. Dabei erfahren wir, dass sie Amerikanerin ist und einst selbst Pilgerin war. Damals hatte eine ältere Dame sie zu einem Abendessen eingeladen. Nun möchte auch sie diese Gastfreundschaft weitergeben, und so lädt sie ab und dann, wenn ihr danach ist, andere Pilger zu sich ein.
Wir bedanken uns zum bestimmt 100sten Mal bei ihr und machen uns auf den Rückweg zur Herberge (→ SV).
Dort bereiten wir unsere heiß ersehnten Pizzen bzw. Hamburger zu. Als I-Tüpfelchen des Tages gibt es als Nachtisch noch Mousse au Chocolat, das uns der Herbergsvater vermacht, da dies wohl beim Kochen übrig geblieben ist. Danach begeben wir uns mit dem verbleibenden Bier und Wein in den Garten und machen es uns in den Liegestühlen gemütlich. So gegen 23:00 Uhr zieht Andreas sich auf unser Zimmer zurück, während Steffi und ich unter einem sternenklaren Himmel und in Wolldecken gehüllt, noch bis 2:30 Uhr ins Gespräch vertieft die stille Nacht genießen.
(über die Sitemap lassen sich die Tage gezielt aufrufen)