Camino via Podiensis (Tag 03)

 

Saint-Privat-d’Allier → Saugues


 → 19 Kilometer
↑ 586 Meter

Freitag, der 09.07.2010

 

Saint-Privat-d'Allier
Saint-Privat-d’Allier

Nach einer erwartungsgemäß ruhigen Nacht verlasse ich kurz nach 6:00 Uhr meine Unterkunft und suche noch mal kurz den kleinen Laden auf der anderen Straßenseite auf, um mich mit dem Nötigsten einzudecken. Dort treffe ich auf eine Frau um die 50, die ich schon ein paar Mal gesehen habe. Bislang hielt ich sie für eine Deutsche, was mir ihr betontes „Guten Morgen“ auch zu bestätigen scheint. Wie sich aber herausstellt, ist sie Holländerin.
Wir wechseln kurz ein paar Worte und brechen dann auf in den nächsten Caminotag. Allerdings ergibt es sich sehr schnell, dass ich mich nach vorn absetze.
Das Wetter ist mild und leicht durchwachsen.
Auch heute ist die Landschaft sehr abwechslungsreich und reizvoll.
Nach einigen Kilometern komme ich nach Monistrol-d’Allier, das vom Fluss Allier dominiert wird. Hier kehre ich gleich hinter der Brücke in eine Bar ein, um endlich mein Frühstück einzunehmen. Vor dieser sitzt eine junge Pilgerin in der Sonne, welche auch der Grund dafür ist, weshalb ich mich nach drinnen setze. Also die Sonne… Die ist nämlich schon wieder so stark, dass so ein schattenfreier Platz kein Genuss mehr ist. Ansonsten hätte ich mich doch sehr gern zu der recht sympathisch wirkenden Dame gesetzt, die offenbar aus Kanada kommt. Zumindest prangt auf ihrem Rucksack ein rotes Ahornblatt auf weißem Grund.
In der Bar überrasche ich mich selbst, da ich mir trotz der gestrigen Menü-Eskapade ein Baguette mit Käse bestelle… Aber alle anderen angebotenen Aufschnittsorten sagen mir (noch) nichts.
Beim Verlassen der Bar bitte ich die Wirtin, mir meine Flasche mit Wasser zu füllen, was sie darauf an einem der Zapfhähne macht.
Die Kanadierin ist bereits seit einiger Zeit weg, und auch ein paar andere Pilger sind inzwischen an der Bar vorübergezogen.
Kurz nach dem Verlassen des Ortes zieht der Weg wieder steil an, und es dauert nicht lange, da sehe ich wieder von einem abenteuerlich schmalen Pfad am Hang weit hinunter auf die Häuser und den Fluss. Dieser Fluss ist es auch, der mich offenbar dazu verleitet, an einer Weggabelung nach rechts abzubiegen, ohne mich zu vergewissern, ob das eigentlich seine Richtigkeit hat. Aber im Zweifel halt immer am Wasser entlang. Was ich aber auch auf den Caminos gelernt habe: Es gibt kaum einen zuverlässigeren Wegweiser als den, der an kritischen Stellen ausbleibt. Und da genau dies nach einiger Zeit der Fall ist, gilt es wieder umzukehren.
Trotz des kleinen Extraweges hole ich ziemlich bald wieder alle bereits bekannten Gesichter ein.
Unter Anderen ist da auch wieder Sieglinde dabei, welche ich aber allein schon unseres Größenunterschiedes und der damit verbundenen Schrittweite wegen bald darauf zurück lasse. Allerdings haben wir uns mal vage im nächsten Café verabredet.

Chapelle de la Madeleine
Chapelle de la Madeleine

Also steuere ich später in einer kleinen Ansiedlung von Häusern einen Hof an, der offenbar voll auf Pilger eingestellt ist. Der Wirt sitzt im Rollstuhl und ist sehr freundlich. Draußen im Garten stehen diverse Sitzgelegenheiten und sogar Liegen unter Sonnenschirmen.
Ich hole mir eine Flasche Wasser, die so kalt ist, dass darin sogar etwas Eis schwimmt, sowie natürlich einen Café au lait. Es dauert gar nicht so lange, da trifft auch Sieglinde ein und setzt sich zu mir.
Aus der Nachbarwohnung der Bar schmettert ein Mann „Don’t Let Me Be Misunderstood“ zur Musik aus seiner Anlage. Nicht gerade textsicher, aber dafür umso theatralischer.
Als aus Santa Esmeralda dann eine Celine Dion wird, ist es Zeit zu gehen.

Ich laufe ich schon wieder seit geraumer Zeit allein, als ich in Saugues, meinem heutigen Etappenziel, eintreffe. Das Wetter ist inzwischen wieder ziemlich durchwachsen. Dementsprechend wirkt diese kleine Stadt aus einiger Entfernung recht grau. Aus ihrer Mitte ragt ein unglaublicher Klotz empor, der wohl die Kirche des Ortes ist.
Von drinnen stellt sich das ganze dann allerdings schon etwas charmanter da. Die teilweise historischen Straßenzüge bergen zahlreiche Bars und Cafés.
Laut meinem Wanderführer soll es auf der anderen Seite der Stadt eine Herberge geben, die an einen Campingplatz angeschlossen ist. Als ich bei dessen Rezeption danach frage, schickt mich der Mann aber wieder zu einem Gebäude zurück ins Zentrum. Dort solle ich mir schon mal ein freies Zimmer suchen, er käme dann später zum Kassieren vorbei.
Ich finde das beschriebene Haus und in dessen oberster, dritten Etage auch ein Dreibettzimmer, dass offenbar bislang noch komplett frei ist (→ SV).

Sonnenuntergang von der Herberge aus
Sonnenuntergang von der Herberge aus

Ich niste mich ein, mache mich in dem direkt angeschlossenen Bad frisch und kehre dann obligatorisch in einer sehr nahe gelegenen Bar ein bzw. setze mich davor. Sehr zu meinem Leidwesen gibt es noch nichts zu Essen. Dann muss ich das sehr erfrischende Bier halt auf vorerst nüchternen Magen ertragen.
Diesen Zustand ändere ich dann später in einer Pizzeria (→ SV) und kehre danach zu meiner Herberge zurück. Davor treffe ich noch auf die englisch sprechende Französin, die ich bereits in Le Puy beim Frühstück kennengelernt hatte. Sie verlässt das Gebäude gerade und fragt mich nach meinem Namen. Als sie diesen erfährt, stellt sie fest, dass wir dann im selben Zimmer untergekommen sind (man trägt seinen Namen an der entsprechenden Tür auf einem Zettel ein). Sie heißt Fabienne und macht sich gerade auf den Weg zum Essen. Ich hingegen drehe noch eine kurze Runde durch den Ort und suche danach mein Bett auf.

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(über die Sitemap lassen sich die Tage gezielt aufrufen)

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