San Esteban de Leces → Sebrayo
→ 26,8 Kilometer
↑ 183 Meter
Mittwoch, der 08.07.2009
Wenn man kurz nach 8 Uhr morgens eine Herberge verlässt, ist man nach wie vor schnell mal der Letzte. Aber genau darauf habe ich es auch oft angelegt. Zumindest habe ich mir Zeit gelassen.
Da die Herberge gar nicht direkt am Camino liegt, und ich ja gestern auch nicht über diesen eingetroffen bin, laufe ich zunächst ein paar hundert Meter in die falsche Richtung. Nachdem ich diesen Irrtum aber bemerkt habe, dauert es nicht mehr lange, und ich passiere endlich wieder einen Monolithen, der gleich mit zwei Muscheln aufwarten kann. Die eine weist zur Herberge zurück und die andere den weiteren Wegverlauf.
Kurze Zeit später ziehe ich an zwei mir unbekannten Spaniern vorbei. Ansonsten ist der Weg bzw. dieser Morgen ungewöhnlich ruhig. Man hört nicht mal das Rauschen einer entfernten Schnellstraße, nur ein wenig das des Meeres. Es geht kein Wind. Nur das Singen der Vögel ist allgegenwärtig und macht diese Stille zu einem sehr angenehmen Erlebnis.
Schließlich steuere ich das Zentrum einer Ortschaft an, da ich doch mal ein Frühstück gebrauchen könnte.
Ich entdecke eine Bar (→ SV), vor der diverse Rucksäcke stehen. Als ich die Bar betrete, treffe ich natürlich wieder auf die üblichen Verdächtigen. Ich setze mich zu ihnen an den Tisch. Leider gibt es hier nur Kaffee und kleine Muffins.
Plötzlich kommt einer der Italiener, der die Bar kurz verlassen hatte, mit einem „Quatro hombres!“ wieder rein und zeigt dabei nach draußen. Dort ist die junge Frau der Bar gerade dabei, auf der anderen Straßenseite ihren bis unter das Dach mit Getränkekisten gefüllten Kastenwagen zu leeren. Wir verstehen und machen uns daran, ihr das abzunehmen.
Obgleich ich ja unter „sich stärken“ bei einer Einkehr in eine Bar eigentlich etwas anderes verstehe!
Als wir damit durch sind, drückt sie als Dank dem einen Italiener noch eine Flasche Cidre in die Hand. Hmm, da das eher nicht so mein Getränk ist, bin ich froh, dass mein Rucksack von dieser Gewichtszulage verschont bleibt.
Wir brechen alle gemeinsam auf und laufen auch noch eine ganze Zeit im aufgelockerten Konvoi, bis sich die Gruppe aber dann doch langsam „verläuft„, und ich erst mal wieder allein unterwegs bin.
Es dauert nicht lange, da führt der Weg wieder direkt an der Küste entlang. Manchmal tut er dies etwas erhöht auf einer Art Steilküste, manchmal fast auf Meereshöhe. Der Himmel ist bewölkt und unterstreicht damit die melancholische Stimmung der nach wie vor menschenleeren Strände. Das Klima ist sehr angenehm und erholsam. Die teilweise bizarren Küstenformationen verleiten mich immer wieder, sie im Bild festzuhalten. Kurz: Es ist ein sehr angenehmer Vormittag.
Als ich in einem weiteren, sehr kleinen Ort direkt am Strand eintreffe, sind da zu meiner Rechten schon wieder diverse Rucksäcke an einem Holzzaun in Reihe aufgestellt.
Zu meiner Linken eine Strandbar. Davor, an zwei, drei kleinen Tischen: die Rucksackbesitzer.
Höchste Zeit fürs Frühstück!
Im kurz darauf folgenden Ort beschließen die Damen- und Herrschaften der Generation Ü50 für heute zu stoppen, während die beiden Spanier um die 25 und ich weiterziehen. Wir laufen mal mehr mal weniger zusammen und landen schließlich gemeinsam in einem großen Supermarkt einer weiteren kleinen Stadt. Mit einem ca. 2 kg schwereren Rucksack verlasse ich den Laden wieder und ziehe alleine weiter.
Allerdings lasse ich die Stadt nicht hinter mir, ohne in eine Bar einzukehren, die einen eher „einheimischen“ Eindruck macht. Dies schützt aber leider nicht vor Abzocke: Für ein Bier und ein Bocadillo mit Käse zahle ich nie da gewesene 7,- €! Leider brauche ich eine ganze Zeit, um über diesen Wucher hinweg zu kommen. Genug Zeit dafür habe ich. Es sind noch runde 10 km zu laufen, eh ich eine gigantische Autobahnbrücke (→ SV) unterquere und direkt danach den sehr kleinen unscheinbaren Ort mit seiner Herberge (→ SV) erreiche.
Hier tummeln sich schon 8 Pilger, allerdings niemand, der für dieses Etablissement zuständig ist. Dazu weiß mein Wanderführer mehr zu sagen: Im Haus Nr. 21 soll man jemanden antreffen, der sich der Verwaltung annimmt. Also suche ich die Adresse auf und klingel eine Frau mittleren Alters raus, die mir kurz darauf mit einem dicken Buch unter dem Arm zur Herberge folgt, unsere Daten aufnimmt, den Stempel verteilt und 3,- € kassiert.
Danach mache ich mich daran aus den frisch erworbenen Zutaten ein üppiges Bocadillo zu basteln. Ich bin damit noch gar nicht fertig, da fährt plötzlich ein rollender Supermarkt vor und versorgt diejenigen, die noch etwas brauchen, mit Lebensmitteln. Wie man es macht…
Als der Wagen wenig später noch mal vorfährt, beschließe ich mir noch eine Dose Bier zu besorgen. Damit kann er allerdings leider nicht mehr dienen, bittet mich dann aber, einfach das letzte Haus im Ort aufzusuchen und dort bei seiner Frau nachzufragen.
Damit sich der Weg lohnt, nehme ich noch zuvor die Bestellung von zwei weiteren Pilgern auf.
Zunächst bin ich etwas aufgeschmissen, was man bei einer willkürlich angeordneten Gruppe von Gebäuden als das „letzte Haus“ bezeichnet. Aber als ich entsprechend ratlos auf einem Hof stehe, öffnet sich plötzlich ein Fenster im ersten Stock eines der Häuser, und eine alte Frau fragt mich etwas auf spanisch. Ob das seine Frau ist!? Ich frage sie nach drei Bieren und komme mir dabei ziemlich blöd vor. Sie wiederholt meine Frage, verschwindet darauf vom Fenster und taucht dann wieder mit drei kalten Dosen Bier in der Hand in der Haustür auf. Für 2,50 € (!?) wechseln diese ihren Besitzer, und ich kehre zur Herberge zurück.
Hier hält sich unter anderen auch wieder das tschechische Paar auf, mit dem ich diesmal etwas länger ins Gespräch komme.
(über die Sitemap lassen sich die Tage gezielt aufrufen)