Avilés → San Esteban de Pravia
→ 24 Kilometer
↑ 179 Meter
Samstag, der 11.07.2009
Auch in diesen Tag starte ich im Alleingang. Der Camino führt durch die noch fast menschenleeren Fußgängerzonen Avilés. Diese werden freundlicher Weise von der Stadtreinigung komplett mit Wasser abgespritzt. Etwas, dass auch gern vor Dreharbeiten gemacht wird, damit die Kulissen durch die entstehenden Spiegelungen so noch reizvoller zur Wirkung kommen. In diesem Fall trägt auch die noch tief stehende Sonne ihr übriges dazu bei. Dementsprechend begeistert ziehe ich mit meiner kleinen IXUS noch mal durch alle Gassen und über alle Plätze, ehe ich mich dazu durchringe, diesen Teil der Stadt zu verlassen, um ein Café für mein Frühstück aufzusuchen. Dabei ziehe ich noch mal über den Plaza de España, der sich immer mehr mit Sportwagen und Menschen füllt. Offenbar startet hier demnächst eine Stadtrallye.
Mein Frühstückscafé lässt nicht lange auf sich warten. Danach lasse ich diese schöne Stadt hinter mir und ziehe einen Berg hinauf, von dem ich, oben angekommen, erstmalig seit Gijón wieder das Meer zu sehen bekomme. Außerdem treffe ich auf zwei ältere Herren, die mich ansprechen und mir per Malereien im Schotter zeigen, wie ich weiterlaufen soll, um auf diese Weise gute 2 km einzusparen. Eigentlich will ich ja gar keine Strecke einsparen, schon gar nicht, weil ich heute vermutlich wieder viel zu früh am Ziel sein werde, aber ich will die beiden auch nicht beleidigen. Und bevor ich jetzt anfange, ihnen verständlich zu machen, dass ich gern etwas länger laufe, bedanke ich mich einfach und folge ihrer Empfehlung.
Als ich in Salinas eintreffe, weiß ich nicht, ob der Weg nun wirklich kürzer war, aber in jedem Fall ist mir offenbar ein im Wanderführer beschriebener steiler Abstieg erspart geblieben. Allerdings bin ich mir jetzt auch nicht sicher, wie es genau weiter geht. Ich entdecke zwar noch einen gelben Pfeil an einem Kreisverkehr, aber der ist nicht wirklich eindeutig, und es folgen auch keine weiteren mehr. Also frage ich im nächsten Supermarkt, in dem ich kurz einkehre, zwei Pilgerinnen. Wo auf der Welt funktioniert es wohl, dass man in einer fremden Stadt auf Unbekannte zugeht und diese einfach nur fragt: „Entschuldigung. Da oder da lang?“ Und man bekommt direkte eine Antwort? Nur leider wissen die Beiden auch noch nicht so genau, wo es weiter geht.
Und so beschließe ich, einfach erst mal sicherheitshalber direkt an der Küste weiter zu laufen. Das kann bei einem Küstenweg ja so falsch nicht sein. Aber der Autotunnel durch den ich die Stadt wieder verlasse, steht definitiv nicht in meinem Buch.
Egal. Eine bessere Idee habe ich nicht, und ich habe den Weg bisher immer wieder gefunden.
Und so kommt es, dass es mir heute zum zweiten Mal erspart bleibt, im Buch erwähnte Steigungen bewältigen zu müssen. Offenbar habe ich einen Berg umrundet. Und als ich in der nächsten Bar nach dem Camino frage, erfahre ich, dass dieser genau auf der anderen Straßenseite weitergeht.
Kurze Zeit später treffe ich plötzlich auf René und seine Eltern. Letztere begleiten ihren Sohn hier für zwei Wochen. René erzählte mir bereits gestern Abend davon. Ich unterhalte mich kurz mit ihnen und ziehe weiter.
Die Landschaft heute ist nett, wenn auch eher unspektakulär. Das Wetter zeigt sich unverändert sonnig und ziemlich warm. Irgendwann ziehe ich durch ein keines, etwas mittelalterlich anmutendes Dorf auf einem kleinen Berg. Plötzlich ruft ein älterer Mann hinter mit aus dem ersten Stock eines Hauses und sagt etwas von Camino Santiago und zeigt dabei in verschiedene Richtungen. Bis eben hatte ich noch gar keine Zweifel an meiner Richtung. Und da ich nicht verstehe, was er mir sagen will, hake ich noch mal nach, ob ich richtig sei, was er mir irgendwie zu bestätigen scheint. Außerdem macht er noch mit seiner Hand eine Essen-Geste. Ich habe keine Ahnung, ob er mir etwas anbieten will. Als er aber die Banane sieht, die ich zufällig in meinen Händen halte, winkt er zufrieden ab und ich gehe weiter.
Nur kurze Zeit später komme ich an einen großen Verkehrskreisel. Als ich mich gerade neu orientieren will, höre ich jemanden laut Pfeifen. Es ist Renato, der eine Italiener, der mich von der Terrasse eines Cafés auf der anderen Seite zu sich und Iris, der Österreicherin herüber winkt. Ich geselle mich dazu.
Kurze Zeit später treffen auch die beiden Italiener von gestern sowie René nebst Eltern ein.
Letztere legen kurz darauf noch einen kleinen Auftritt hin, der mir meine offenbar gewachsene Gelassenheit demonstriert: Ich stehe gerade an der Bar und warte, dass ich mir einen Kaffee bestellen kann, da prescht René körperlich und verbal ziemlich extrovertiert an mir vorbei und ordert irgendein sehr spezielles Getränk. Dann stellt er fest, dass ich offenbar vor ihm dran war. Ich antworte wahrheitsgemäß, dass das schon ok sei, da folgen seine Eltern und tun es ihm gleich. Abermals bemerkt er, dass ja eigentlich ich jetzt mal dran wäre, und ich entgegne wieder, dass das kein Problem ist. Nun hatte ich aber auch nicht mit der nun folgenden Bestellorgie gerechnet. Als ich mir langsam Sorgen um das rechtzeitige Erreichen meines Fluges von Santiago mache, finden sie dann doch ein Ende.
Später ziehe ich dann gemeinsam mit Iris und Renato weiter. Unterwegs entdecke ich einen Zettel, der in ein Gebüsch gehängt ist. Es ist eine Nachricht an meine beiden Begleiter. Ein Camino-Bekannter der Beiden, (ein Spanier namens José) lässt sie wissen, dass er im gleich kommenden San Esteban de Pravia untergekommen ist.
Auch wir bekommen hier (→ SV) für immerhin 13,- ein sehr nettes 6-Bettzimmer.
Während die anderen eine Badebucht aufsuchen, dusche ich und kehre in zwei Bars ein, in denen es ein wenig zu essen und Bier gibt.
Als ich mich gerade ein wenig aufs Ohr hauen will, kommen mir die anderen entgegen und fragen, ob wir zusammen etwas essen gehen wollen. Ich lasse mich nur ungern schlagen.
Und so sitzen wir recht lange draußen vor einer der Bars, teilen uns ein Menü für mehrere Personen und trinken das eine oder andere Bier. Außerdem lasse ich es mir nicht nehmen, auch mal die Cidreprozedur zu probieren. Hierbei hält man die Flasche hoch über den Kopf und schenkt in das Glas, das sich in der weit nach untern gehaltenen anderen Hand befindet – und guckt dabei demonstrativ weg. So schlecht gelingt mir das gar nicht, vor allem nach dem Bierkonsum…
Die Konversationen zwischen mir Renato und José wird von Iris übersetzt. Aber auch ohne sie kehre ich abschließend noch mal kurz mit den beiden Männern in der herbergseigenen Bar ein.
(über die Sitemap lassen sich die Tage gezielt aufrufen)