Camino del Norte (Tag 33)

 

Sobrado → Arzúa


 → 22,1 Kilometer
↑ 230 Meter

Freitag, der 24.07.2009

 

Eukalyptuswald
Eukalyptuswald

Laut Simona soll die Nacht der reinste Albtraum gewesen sein, wobei sie nicht weiß, was schlimmer war: die Schnarcherin oder die Leute, die versuchten, sie durch Zischlaute zum Schweigen zu bringen. Ich scheine meine Ohropax inzwischen wirklich gut zu beherrschen.
Nach dem Zähneputzen begebe mich in die untere Ebene, um zu sehen, ob Sara noch da ist. Ja, sie ist. Sie steht allerdings bereits startklar mit Sack und Pack bzw. Hund in der Ausgangstür und scheint nur noch auf etwas oder jemanden zu warten. Offenbar auf Simona und mich.
Dummer Weise wollen Simona, Ray und Melissa aber gleich nach dem Verlassen des Klosters in eine Bar einkehren (→ SV). Und da Sara – wegen Libero – keine Bargängerin ist, zieht sie mit einem „See you later!“ weiter. Ich versuche sie noch zur Einkehr zu überreden, aber ohne Erfolg.
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir uns nicht mehr wieder sehen werden.
In der Bar nutzen wir auch einen Internetzugang, der hier mal außergewöhnlich schnell ist.
Als wir aufbrechen, setze ich mich langsam nach vorne ab und lasse Simona zusammen mit Leo, einem Franzosen um die 20, zurück.
Nach einigen Kilometern kehre in eine weitere Bar ein, um die anderen wieder aufholen zu lassen. Als ich den Raum betrete, sitzt da an einem der Tische Antoine im Gespräch mit einer mir unbekannten Frau. Ich glaube ja nach wie vor dass er mit mir nicht all zu viel anfangen kann. Während die Begrüßung zwischen ihm und den anderen meist doch sehr herzlich ist, fällt sie bei mir auch gern mal ganz weg. Obwohl ich ihn eigentlich ganz sympathisch finde.
Jetzt begrüßt er mich allerdings und wechselt sogar ein paar Worte mit mir, ehe er mit der Frau wieder aufbricht.
Ich muss nicht all zu lange warten, da kreuzen auch Simona, Leo und Tomasz auf. Leo klagt darüber, sehr stark unter seinem Rucksack zu leiden. Das ist inzwischen so extrem, dass er kurz vor dem Aufgeben steht. Ich schlage ihm vor, mir das mal anzusehen. Und tatsächlich stellt sich heraus, dass er das Ding völlig falsch eingestellt hat. Die gesamte Last hängt ihm in den Schultern anstatt in der Hüfte. Ich zeige ihm, wie man sich das korrekt einstellt, und er kann gar nicht glauben, wie erleichternd dieser neue Sitz ist.

Camino kommerziell
Camino kommerziell

Auch auf dem weiteren Weg laufe ich immer wieder allein. Erst kurz vor Arzúa lasse ich Simona und Leo wieder aufholen, und wir treffen gemeinsam in dieser mir wohlbekannten aber nicht sehr beliebten Stadt ein. Jetzt sind wir also wieder auf dem Camino Francés. Leider auf dem unattraktivsten Teil. Zudem muss ich feststellen, dass sich dieser Ort nicht gerade zu seinem Vorteil entwickelt hat. Inzwischen scheint es trotz noch weiter gestiegener Pilgerzahlen ein Überangebot an Privatherbergen zu geben. Überall stehen Leute mit Flyern in der Hand und preisen ihre „beste Unterkunft“ der Stadt an. Willkommen auf dem populärsten aller Jakobswege!
Da aber die städtische Herberge längst voll ist, haben wir gar keine andere Wahl, als eine der privaten aufzusuchen. Für 9,- € lassen wir uns in einer sehr gepflegten Unterkunft nieder (→ SV). Simona und ich beziehen, wie immer, wieder ein Bett und teilen uns eine Waschmaschine. Danach drehe ich eine Runde durch die Stadt. Ich komme an der Herberge vom letzten Jahr vorbei, was mir endgültig die Illusion nimmt, dass ich auf Bekannte aus dem letzten Jahr treffe. Jetzt sind hier nur fremde Menschen zu sehen.
Mann! ich muss wieder aus diesem Loch heraus! Ich will doch nicht übermorgen mit dieser Stimmung in Santiago eintreffen!
Auf meinem Rückweg zur Herberge ruft mich plötzlich Leo aus einer Bar heraus. Er sitzt dort mit Tomasz bei einem Bier am Tresen. Ich geselle mich dazu. Wir kommen auf das Thema Einlauf nach Santiago, und Leo hat die Idee, dies nachts zu vollziehen. Er will morgens gegen 2:00 Uhr aufbrechen. Tomasz freundet sich binnen weniger Sekunden ebenfalls mit dem Gedanken an und fragt mich, ob ich mich anschließe. „Nein, nachts durch Eukalyptuswälder zu stolpern entspricht nicht unbedingt meiner Vorstellung, diesen Camino zu beenden!“ Außerdem ist dann so früh morgens wahrscheinlich die Party in Santiago noch im vollen Gange.
Als wir wieder in der Herberge sind, erzählt mir Simona, dass Sara angeblich in der städtischen Sporthalle untergekommen sei, und fragt, ob wir da mal hin wollen. Was für eine Frage!? Als wir aber dort ankommen, treffen wir nur auf ein paar verlassene Isomatten, die auf dem Spielfeld liegen.
Später trennen Simona und ich uns, da sie noch etwas einkaufen will. Ich steuere die Herberge an und bereite mir zusammen mit Leo ein paar Hamburger zu, deren Zutaten wir bei unserer Ankunft bereits besorgt hatten. Als Simona wieder zurückkehrt, berichtet sie mir, dass sie Sara zusammen mit Thomas in einer Bar getroffen hat. Sara hätte vor, später zum Essen bei uns vorbeizuschauen. Aber der einzige, der uns an diesem Abend noch Besucht, ist Antoine.

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