Camino Francés (Tag 35)

 

Negreira → Olveiroa


 → 32,3 Kilometer
↑ 245 Meter

Mittwoch, 04.06.2008

 

gelber Pfeil
gelber Pfeil

Obwohl 6:30 Uhr ja nicht selten Fabiennes Startzeit ist, bin ich es, der noch vor ihr aufsteht. Aber auch sie ist ziemlich schnell wach und auf Betriebstemperatur. Sie erwähnte bereits, dass sie kein Morgenmuffel sei. Und so albert und summt sie ein wenig herum, während wir uns langsam fertigmachen.
Ein gemeinsamer Start lässt sich an diesem Morgen kaum vermeiden – und ehrlich gesagt, lege ich da auch keinen gesteigerten Wert drauf.
Trotzdem ziehe ich später mein Tempo etwas an, und nach einiger Zeit sind wir außer Sichtweite voneinander.
Irgendwann erreiche ich einen Hinweis auf eine Enkehrmöglichkeit. Diese befindet sich aber offenbar etwas abseits des Caminos. Was soll’s. Ich muss etwas frühstücken und sitze kurz darauf auf der Terrasse dieser Bar.
Es kommen und gehen Pilger. Fabienne ist allerdings nicht unter ihnen, und so ziehe ich irgendwann allein weiter.
Die Gegend wirkt auf mich heute öde und langweilig. Mir hängt eine Müdigkeit in den Gliedern, die mich immer wieder in die Versuchung bringt, mich einfach an den Wegesrand zu packen und eine Runde zu pennen. Insgesamt ist dies der gefühlt längste Abschnitt des gesamten Caminos. Zu allem Überfluss treffe ich auch auf keinen einzigen Pilger mehr, was wohl auch daran liegt, dass ich inzwischen recht spät dran bin.
Als ich schon eine ganze Zeit an diese Einsamkeit gewöhnt bin, und nur ich und mein Frust die letzten Kilometer zur mit Sicherheit bereits vollen Herberge trotteten, kommt mir plötzlich aus dem Nichts ein Pilger entgegen. Den kenne ich doch! Das ist doch… Das kann doch nicht wahr sein!?
Ähnliche Gedanken scheinen auch ihm durch den Kopf zu schießen, als wir aufeinander zugehen.
Und tatsächlich: Es ist der Schweitzer, mit dem wir vor Wochen diesen netten Abend in der kleinen Bar verbracht hatten. Es gibt ein großes Wiedersehen! Er hat Finisterre offenbar bereits hinter sich gelassen und ist nun auf dem Rückweg.
Unter anderem berichtet er mir von einem sehr komfortablen und preiswerten Appartement in Finisterre. Sollte ich also dort einen entsprechenden Bedarf haben, müsse ich mich in einem bestimmten Geschäft melden, das er mir beschreibt. Dann trennen sich unsere Wege wieder. Ich ziehe weiter in Richtung Finisterre und er zurück in Richtung Schweiz.

weit ab der Zivilisation
weit ab der Zivilisation

Zu erwartungsgemäß später Stunde erreiche ich dann endlich die Herberge in Olveiroa (→ SV). Auf meine Anfrage nach einem freien Bett reicht mir die Herbergsmutter lediglich ein paar Zettel mit Telefonnummern von Hotels und Taxis rüber…
Frei von jeder Überraschung und voll von Resignation verlasse ich den „Empfang“ wieder und will gerade über meine weiteren Schritte nachdenken, da treffe ich auf eine Engländerin, der ich im früheren Verlauf des Tages bereits flüchtig begegnet bin. Sie fragt mich, ob ich noch untergekommen sei. Ich erkläre ihr die Situation. Diese Info legt in ihr irgendeinen einen Schalter um, denn plötzlich dreht sie auf und befiehlt mir nahezu, noch abzuwarten, denn das sollte sich doch wohl lösen lassen! Ich frage sie, ob sie zufällig weiß, ob Fabienne auch da ist. „Ja, die ist in der Küche.”
Genau dahin gehen wir dann auch. Und tatsächlich. Die Engländerin sowie Celia, die Deutsche, mit der Fabienne bis eben im Gespräch war, machen sich daran, die Herbergsmutter zu bearbeiten.
Die Mädels haben zum Schlafen auch alle nur noch einen Teil des Fußbodens im Essraum bekommen, und genau einen solchen wollen sie nun auch für mich klar machen. Dafür ist allerdings eine Menge und teilweise temperamentvolle Überredungskunst nötig! Die Herbergsmutter weiß nicht wie ihr geschieht. Und auch ich bin etwas erstaunt über diesen Einsatz, der mir aber am Ende einen Schlafplatz sichert!
Danach begeben wir uns alle in die örtliche Bar. Allerdings nur, um dort etwas zu trinken. Essen gibt es etwas später bei uns in der Herberge, wo ein junger Ire namens Richard unter anderem aus den Utensilien, die Fabienne und ich am Vortag besorgt hatten, etwas zubereitet. Offenbar hat er in Sachen Kochen so einiges drauf! Wie sich schnell herausstellt, ist er mit Celia unterwegs. Wir unterhalten uns noch eine ganze Weile, wobei ich mich vorzeitig in den Essraum nebenan zum Schlafen zurückziehe. War heute halt irgendwie nicht mein Tag.

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