Camino del Norte (Tag 30)

 

Vilalba → Baamonde


 → 29,9 Kilometer
↑ 95 Meter

Dienstag, der 21.07.2009

 

hinter Vilalba
hinter Vilalba

Als ich aufwache und in Simonas Bett gucke, ist dieses bereits leer. Hmm, also geht’s heute doch mal wieder alleine weiter. Aber als ich vom Zähneputzen zurückkehre, ist sie doch noch da, und so verlassen wir die Herberge gemeinsam und kehren noch direkt in Vilalba in eine Bar zum Frühstücken ein. Diese ist zum Glück um Welten besser, als die von gestern. Nicht so schön sind allerdings wieder mal die dicken Wolken, die sich auf der Wetterkarte an der Nordkante Spaniens versammeln.
Schweren Herzens verlassen wir danach diese „schöne“ Stadt, und sind kurz darauf wieder umgeben von kleinen Wäldern, Flüssen und Feldern. Mit einer größeren Straße kommen wir nur kurz in Kontakt, als wir diese überqueren müssen. Aber genau in diesem Augenblick fährt ein Reisebus an uns vorbei, aus dessen Frontscheibe uns Greta ganz aufgeregt zuwinkt. Sie war am Vortag mit Bus und Taxi nach Santiago gefahren, um dort eine Oper sehen zu können und befindet sich jetzt offenbar auf dem Rückweg, um ihren Weg regulär fortzusetzen. Verrückte Aktion. Aber auch verrückt, dass wir genau in diesem kurzen Zeitfenster unserer Straßenüberquerung auf sie treffen.
Später steuern wir eine weitere Bar an. Nachdem wir bereits einige Zeit dasitzen, springt Simona plötzlich auf, sagt nur etwas von Sara und Tomasz und läuft aus der Bar. Tatsächlich laufen diese grade an der Bar vorbei und lassen sich überreden, sich zu uns zu gesellen.
Als auch die Beiden ihren Kaffee ausgetrunken haben, ziehen wir zu viert bzw. incl. Saras Hund zu fünft weiter.

Naturgesteck
Naturgesteck

Von Sara erfahre ich, dass sie und Tomasz wohl hinter Santiago weiter nach Faro in Portugal laufen wollen. Dies soll in etwa genauso weit von Santiago entfernt sein wie Finisterre. Von daher wäre es auch für mich eine interessante Option. Immerhin möchte ich Finisterre nicht mehr ansteuern, um diesen Ort sozusagen unverändert in meinen Erinnerungen zu behalten. Auf keinen Fall will ich da in diesem Jahr allein abhängen.
Wir machen unterwegs noch mal ein Picknick und treffen bei leichtem Regen bei der Herberge ein, in die bislang nur ich mit absoluter Sicherheit einkehren wollte. Sara und Tomasz wollten noch weiter und Simona war sich wieder mal nicht ganz sicher.
Um es kurz zu machen, wir checken alle in diese 90 Pilger fassende Unterkunft ein.
Im Anschluss suchen wir alle den nahe gelegenen Supermarkt auf, um uns für den Abend einzudecken. Dementsprechend bereiten wir uns unser Essen heute mal selber zu. Natürlich lasse ich es mir nicht nehmen, Sara dabei zu unterstützen. Wir albern dabei sehr viel herum, und es etabliert sich bei ihr, mich immer wieder hochzunehmen, indem sie das Bild des unfähigen Deutschen in mir bestätigt sieht. Natürlich untermauere ich dies noch durch eine demonstrative Zugabe von Öl an die Nudeln. Sie als Italienerin stirbt bei diesem Anblick tausend Tode. Ich würde sagen: Das Eis zwischen uns ist gebrochen.
Die Herberge füllt sich erstaunlicher Weise noch fast komplett.
Wir sitzen alle draußen unter der Veranda, und es gleicht fast einer kleinen Fete. Unter anderem teile ich mir mit einem mir bis dahin völlig unbekannten Spanier meinen MP3-Stick, und wir hören Musik zu der wir sehr zum Entsetzen der anderen lautstark mitsingen.
Zwischendurch taucht plötzlich der ältere Herr von gestern auf, der auch heute wieder so stark unter Strom steht, dass ihn keiner versteht. Das hindert ihn allerdings nicht daran, uns zuzutexten und unsere Weingläser eins nach dem anderen zu leeren. Zum Glück gelingt es einigen von uns, die noch vollen Weinflaschen außer Sichtweite zu bringen. Aber vor allem scheint er an mir einen Narren gefressen zu haben. Er steht genau hinter mir streichelt immer wieder über meinen Kopf und faselt dabei etwas von „my friend“. Ich bin begeistert, und die anderen rutschen vor Lachen fast von den Stühlen.
Relativ spät am Abend ziehe ich mich dann als einer der Ersten in mein Bett zurück. Von einem der Betten gegenüber kommen Geräusche, die nicht von dieser Welt zu kommen scheinen. Zumindest klingen sie nicht wirklich gesund. Andere bereits in ihren Betten liegende Pilger amüsieren sich über dieses akustische Schauspiel. Aber offenbar nicht alle. Denn irgendeiner muss in Sorge um diese Person einen Notarzt gerufen haben, der nun mit Blaulicht vorfährt. Kurz darauf sind drei Sanitäter damit beschäftigt, den mir wohlbekannten älteren Mann unter lautstarkem Protest seinerseits nach draußen in den Notarztwagen zu bringen. Danach ist Ruhe.

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