Villar de Mazarife → Astorga
→ 31,1 Kilometer
↑ 83 Meter
Donnerstag, 22.05.2008
Die Reinigungskräfte sind bereits dabei, die Zimmer auf Vordermann zu bringen, als ich als Letzter gegen 9:30 Uhr die Herberge und kurz darauf den Ort verlasse.
Ich habe wieder mal leichte Zweifel, ob ich die Strecke heute schaffen werde. Dieses Mal sind es immerhin über 30 Kilometer. Aber meine Bedenken kommen viel mehr von den jeden Morgen wieder auftretenden, leichten Knieproblemen. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass diese bisher im Laufe des Tages immer weniger anstatt mehr wurden.
Nach 9 Kilometern, die erneut von einem frischen und recht staken Gegenwind geprägt sind, erreiche ich endlich mein Frühstück. Die Bar, in der ich dieses einnehme, ist recht schlicht, aber im Verhältnis zum Ort auch ziemlich groß. Abends dürften sich hier wahrscheinlich alle Dorfbewohner versammeln, aber jetzt bin ich zunächst der einzige Gast. Dies ändert sich allerdings nach kurzer Zeit, als nämlich, wie schon beim Frühstück am Vortag, Simon und Marco den Raum betreten. Wir kommen dieses Mal etwas länger ins Gespräch, gehen danach aber wieder getrennt weiter.
Nach knapp vier Kilometern erreiche ich Hospital de Órbigo. Hier genieße ich eine Café sowie den dazugereichten Tapas in Gesellschaft von Claudio, der mich offenbar schon aus der Anfangszeit kennt (→ SV). Ich hingegen muss da eher passen. Es ergibt sich, dass wir zusammen aufbrechen und den weiteren Weg gemeinsam bestreiten. Wir überqueren die historische und längste Brücke dieses Caminos, die Puente Órbigo, kommen an einer Herberge vorbei, in der sich jetzt schon einige Pilger niederlassen und ziehen weiter in Richtung Astorga.
Im nächsten Ort besteht die letzte Möglichkeit, vor dem noch gute 10 Kilometer entfernten Astorga in einer Herberge unterzukommen. In mir gibt es zu diesem Augenblick gleich drei Parteien, die unterschiedliche Interessen vertreten: Mein Fußgelenk, das sich als neues Mitglied bei den Wehwehchen eingereiht hat, ist definitiv für „hierbleiben“. Mein Magen verhält sich eher diplomatisch: Er würde sich nach einer kleinen, aber dringend notwendigen Mahlzeit zum Weiterziehen bereit erklären. Und mein Kopf sagt ganz klar: weiter! Somit steht es nach einem kleinen Picknick mit Claudio hinter dem Ort (eine Bar gibt es hier nicht) 2:1.
Blasen und gereizte Fußgelenke sind natürlich alles andere als förderlich beim Bestreiten einer rund 30 Kilometer langen Strecke. Aber wenn gut ein Drittel der Wege dann auch noch mit hühner- bis straußeneigroßen Steinen dicht gespickt sind, ist man sehr schnell bereit, diesen Zustand gegen Sinnflutartigen Regen zu tauschen. Ein Blick in den Himmel lässt in diesem Punkt berechtigte Hoffnung aufkommen. Erstaunlicherweise halten die Wolken aber tatsächlich noch bis an die Stadtgrenze von Astorga. Sie lassen es sich aber natürlich auch nicht nehmen, Claudio und mir eine satte Spülung zu verpassen, ehe wir die städtische Herberge endlich erreichen (→ SV).
Hier gibt es nicht nur jede Menge freie Betten, sondern auch noch einen kostenlosen Internetzugang, den ich gleich mal nutze. Es sind diverse Mails eingegangen, in denen mir frei übersetzt weiterhin „gutes Gelingen“ gewünscht wird.
Als ich gerade das Gebäude verlassen will, um eine Runde durch die Stadt zu drehen und mich ums Pilgermenü zu kümmern, treffe ich auf Marco und Simon, die mich fragen, ob ich auch mit zum Essen kommen wolle. Na klar will ich!
Hinzu gesellt sich noch eine junge Dame, die ich zwar zu kennen glaube, aber im Moment noch nicht eingeordnet bekomme.
Kurze Zeit später finden wir uns in einer netten Pizzeria wieder. Die Stimmung ist unglaublich gut. Wir lachen sehr viel und verstehen uns bestens.
Ich erlebe mal wieder einen der Abende, nach denen ich mich die letzten Tage bzw. Wochen so gesehnt habe. Die junge Dame kenne ich übrigens aus dem Postamt in León. Sie ist unheimlich sympathisch und heißt Fabienne.
(über die Sitemap lassen sich die Tage gezielt aufrufen)