Cacabelos → Vega de Valcarce
→ 24,5 Kilometer
↑ 200 Meter
Montag, 26.05.2008
Dadurch, dass das Dach dieser Zweibettkabinen sozusagen “schwebend” auf den Wänden sitzt, bekommt man ganz gut mit, dass draußen bereits seit ca. 7:00 Uhr das übliche morgendliche Treiben im Gange ist. Aber vor allem ist es das Material, nämlich Wellblech, welches uns eindrucksvoll verrät, dass es draußen bereits alles andere als trocken zugeht.
Also beschließen wir einfach, noch ein wenig liegen zu bleiben, in der Hoffnung, somit einen vorübergehenden Schauer auszusitzen.
Gegen 9:00 Uhr hat die Reinigungskraft dann aber kein Erbarmen mehr und macht uns unmissverständlich klar, dass wir eigentlich bereits um 8:00 Uhr schon hätten raus sein müssen. Also verlassen wir wiederholt als die Letzten die Herberge und registrieren sehr erfreut, dass es inzwischen aufgehört hat zu regnen.
Anstatt direkt weiter zu ziehen, laufen wir aber erst einmal zurück in die Stadt hinein, um bereits dort in einer Bar zu frühstücken. Warum hetzen!? Immerhin haben wir geplant, heute den „Camino Duro“, den harten Weg, zu nehmen. Dieser stellt eine Alternative zur berühmt berüchtigten Landstraße da. Aus diesem Grund stärken wir uns auch noch mal in Villafranca und kaufen einige Lebensmittel für unterwegs. In den Wanderführern steht, dass nach Möglichkeit nur erfahrene und gesunde Menschen diese Route einschlagen sollten, und das bei gutem Wetter sowie ohne Gepäck. Da es nur leicht nieselt und die Rucksäcke ja inzwischen fast zu unserem Körper gehören, wären da höchstens noch die Einkaufstüten zu erwähnen, aber da setzen wir uns einfach mal drüber hinweg. Auch die Warnhinweise auf den Schildern am Zugang zum Weg, den wir zunächst gar nicht gefunden haben, nehmen wir mit Humor (→ SV).
Der Aufstieg hat es dann in der Tat in sich, ist aber durchaus zu bewältigen, obwohl mir in den vergangen Tagen so manche Hofauffahrt bereits Probleme bereitete. Oben angekommen hat man einen großartigen Blick zurück auf Villafranca und hinunter auf eine offenbar recht neue Autobahn, die sich auf Stelzen durchs Tal schlängelt.
Wie wir später erfahren, hat es noch einen großen Vorteil, oben entlang zu laufen: Während es wohl unten auf der Landstraße die ganze Zeit über recht feucht zugeht, genießen wir oben ein trockenes und mildes Klima.
Das ändert sich dementsprechend, als wir nach einem ziemlich steilen Abstieg unten bei einer Herberge ankommen. Es haben sich mal wieder alle Schleusen geöffnet. Trotzdem will ich hier nicht bleiben. Marco hingegen hat bereits beschlossen, den Tag hier zu beenden. Also warte ich wieder mal ab, dass der Regen etwas weniger wird, verabschiede mich von Marco, ohne zu wissen, ob man sich noch einmal wieder sehen wird, und ziehe dann weiter.
Von nun an gibt es keine Alternative mehr zur Landstraße. Aber während hier vor einigen Jahren einen wohl noch die LKW mit überhöhter Geschwindigkeit und ohne jede Rücksicht in Bedrängnis gebracht haben sollen, sorgt heute offenbar die neue Autobahn über einem, für eine fast unheimliche Leere.
Aber es mangelt nicht nur an Autos, ich begegne auf der gesamten Strecke auch keinem Menschen mehr. Nur der Regen bleibt ein treuer Begleiter. Und so lasse ich noch das eine oder andere Dorf links liegen, ehe ich den von mir auserwählten Zielort erreiche. Aber bis zu der anvisierten Herberge komme ich nicht. Denn gleich am Ortseingang befindet sich eine in meinem Wanderführer nicht beschriebene Unterkunft mit dem viel versprechenden Namen „Brasil“ (→ SV).
Ich betrete einen großen Raum mit einer Bar und diversen Sitzgelegenheiten, in denen sich bereits diverse Pilger häuslich niedergelassen haben.
Aus dieser Ansammlung von Menschen löst sich ein Mann mittleren Alters, der offenbar der Herbergsvater ist. Er zieht mich erst einmal vor versammelter Mannschaft auf, wo ich denn jetzt noch herkäme. Natürlich ist diese Szene nicht ganz ernst gemeint, aber durchnässt, wie ich bin, hält sich meine Aufgeschlossenheit für derlei Späße gerade in Grenzen. Ebenfalls viel Humor brauche ich, als er mir die Kosten für die Übernachtung eröffnet. Meine Alarmglocken fangen bereits leise an zu klingeln, als er vorab mit den vielen tollen Vorzügen seines Etablissements wirbt. Darunter sind so sensationelle Dinge wie ein Bett und warme Duschen. Sage und schreibe 25,- € anstatt der üblichen 0,- bis ca. 7,- € will er für Abendessen, Bett und Frühstück haben. Aber da ich keine Lust habe, mich noch mal auf den Weg zu machen, nur, um dann eventuell resignierend wieder hierher zurückkehren zu müssen, streiche ich das Frühstück und bin dann mit 20,- € dabei.
Zwischendurch zieht plötzlich Claudio mit einem schmunzelnden „Na, du Weichei” an mir vorbei und auch sonst entdecke ich so manch bekanntes Gesicht.
Das Essen wird regelrecht zelebriert indem der Herbergsvater vorab über so einige Philosophien des Hauses informiert und jeden bittet, der Reihe nach etwas zum Camino zu sagen.
Das Essen selbst ist sehr gut, aber zu wenig. Da ich aber nicht vor habe, bei dem Preis hungrig vom Tisch aufzustehen, bitte ich um Nachschlag, den ich dann auch bekomme.
Der Schlafraum ist ziemlich kühl und feucht und der Gang, in dem man die Schuhe zum Trocknen aufbewahrt ist, kalt und feucht.
Die Duschen hingegen sind in der Tat schön warm aber nur mit geschlossenen Augen zu genießen…
Aber was soll’s!? Es ist ja, wie immer, nur für eine Nacht.
(über die Sitemap lassen sich die Tage gezielt aufrufen)