Camino Nordfrankreich (Tag 37)

 

Saint-Geneys-près-Saint-Paulien → Le Puy-en-Velay


 → 22 Kilometer
↑ 340 Meter

Sonntag, der 19.08.2012

 

Saint-Paulien
Saint-Paulien

Zum Frühstück ist mal wieder Weißbrot mit süßem Aufstrich angesagt. Aber dafür steht mir hier gleich eine ganze Kanne Kaffee zur Verfügung. Anschließend lasse ich mir noch meinen letzten Stempel in die äußerste Ecke meines inzwischen komplett vollen Passes geben, verabschiede mich von dieser wieder mal sehr netten Herberge und breche in den letzten Wandertag dieser Reise auf.
Es wirkt fast so, als würde dieser Tag für das Finale nochmal alles geben! Bei weiterhin optimalem Wetter präsentiert sich die hügelige Landschaft mit teilweise atemberaubenden Panoramen. Und anstatt verschlafener Dörfer ohne Infrastruktur, passiere ich jetzt pittoreske Ortschaften und kleinere Städte, die über alles verfügen, was in den letzten Tagen und Wochen oft Seltenheitswert hatte. Und als ich auch an einem Office de Tourisme vorbeikomme, ist es das erste Mal, dass ich an ihm vorbeiziehe, ohne dessen Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es stehen einfach keine Etappen mehr an, für die es Übernachtungen zu sichern gilt. Und in Le Puy gibt es ausreichend Optionen.
Als es nur noch 5 km bis zu meinem endgültigen Ziel sind, erreiche ich Polignac. Dieses um einen Vulkankegel angesiedelte und von einer Festung gekrönte Dorf gehört zu einem der schönsten Frankreichs. Also der perfekte Ort für meine letzte Einkehr! Und so genieße ich auf der Terrasse einer urigen Bar meinen letzten Café au Lait und mein letztes Bier, während ich die verbleibenden wenigen Abzweigungen auf der Karte meines Wanderführers studiere. Um mich herum treffen mehr Wanderer ein, als ich in den ganzen letzten Wochen begegnet bin. Der Camino via Podiensis wirft seine Schatten offenbar voraus.
Am Ende der verbleibenden 5 km gilt es noch mal, einen kleinen Berg hinauf zu steigen und dann liegt es vor mir im Tal: Le Puy-en-Velay

Le Puy-en-Velay
Le Puy-en-Velay

Ich steuere als Erstes die Herberge (→ SV) an, von der aus ich 2010 den Camino via Podiensis startete. Aber als auf meine Frage nach einem freien Bett die Gegenfrage, ob ich reserviert hätte, folgt, merke ich, dass es vielleicht doch nicht so einfach wird, hier heute eine Unterkunft zu finden. Meine nächste Option ist die städtische Herberge (→ SV). Die war beim letzten Mal allerdings auch voll, woraufhin ich dann zu der Unterkunft ging, von der ich gerade komme. Naja. Vielleicht ist es dieses Mal ja umgekehrt. Bis ich das erfahre, muss ich mich allerdings noch ein bisschen gedulden. Die Rezeption ist erst wieder ab 16:00 Uhr besetzt. Jetzt ist es kurz nach 15:00 Uhr. Dummerweise haben auch die meisten Geschäfte aktuell noch geschlossen, und so schlage ich die Zeit ein wenig tot und kehre dann Punt 16:00 Uhr zur Herberge zurück. Überraschenderweise ist es überhaupt kein Problem, hier ein freies Bett zu bekommen. Für gerade mal 11,50 € habe ich die Wahl unter zahlreichen freien Etagenbetten. Was etwas kurios ist: Das Frühstück gibt es hier erst ab 7:30 Uhr. “Erst”, weil die Pilgermesse bereits um 7:00 Uhr beginnt. Und die dürfte ja so mancher Übernachtungsgast von hier besuchen wollen! Auch ich habe vor, diese morgen als Abschluss aufzusuchen. Als ich vor meinem Start 2010 daran teilnahm, hatte ich im Anschluss einen kleinen, silbernen Jakobsmuschelanhänger mit auf den Weg bekommen. Leider hatte ich diesen später irgendwann verloren. Von daher war es auf diesem Weg nun ein kleines, inoffizielles Ziel, dieses Andenken wiederzubekommen.
Nach einer dringend benötigten Dusche ziehe ich noch mal durch die Straßen und Gassen, dieser mir bereits sehr vertrauten Stadt. Es herrschen immer noch fast unerträgliche, 38 °C! Ich kann kaum glauben, dass ich bis vor Kurzem bei diesen Temperaturen noch mit Sack und Pack unterwegs war. Natürlich suche ich auch noch mal die Stelle auf, von der aus mein Camino 2010 gestartet ist. Inzwischen weisen hier in den Boden eingelassene, bronzene Muscheln den Weg. In einem Supermarkt organisiere ich mir dann noch mein Abendessen. Einmal Ravioli geht noch…!
Die kleine Küche der Herberge ist fast voll besetzt. An einem Tisch sitzen 4 ältere Pilger, sowie an einem weiteren eine junge, ich vermute mal, Inderin. Was für ein Pech, dass nur noch an ihrem Tisch ein Platz frei ist… Wirklich schade ist, dass sie kaum englisch spricht. Trotzdem versuchen wir uns, so gut es geht, zu unterhalten. Und da sie ja morgen in den Weg startet, um den ich sie sehr beneide, haben wir ja auch ein gutes Thema.
Anschließend drehe ich noch eine kleine Runde durch das inzwischen abendliche, aber immer noch sehr warme Le Puy.

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(über die Sitemap lassen sich die Tage gezielt aufrufen)

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